Auf den Spuren der Vergangenheit: Schüler machen Ausflug ins Konzentrationslager Buchenwald
Die neunten Klassen der Konrad-Adenauer-Hauptschule Wenden warfen einen Blick in die Vergangenheit Deutschlands - mit einem Tagesausflug ins Konzentrationslager Buchenwald.
■ Von Jacqueline Sondermann
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Wenden.
Es ist eine Generation herangewachsen, für die der Nationalsozialismus Geschichte ist. Inwieweit interessieren sich die Schüler in der heutigen Zeit für die Vergangenheit? Gemeinsam mit ihrer Klassenlehrerin Heike Bozsik-Ose, dem Geschichtslehrer Karl Fabian Kreutz, Referendarin Laura Barthel und Matthias Wurm machten rund 40 Kinder aus der neunten Stufe der Konrad-Adenauer-Hauptschule Wenden einen Tagesausflug Richtung Weimar.
Ihr Ziel hieß: Konzentrationslager Buchenwald. Bereits im Vorfeld hatten die Schüler im Geschichts- und Deutschunterricht ausführlich über den Zweiten Weltkrieg gesprochen. Es wurden unter anderem das Buch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ gelesen und der Film „Nackt unter Wölfen“ geschaut. Gerade letzterer sorgt mit brutalen Filmszenen aus dem KZ Buchenwald für Entsetzen. Und nun sind die Schüler auf dem Weg zum Ort des Geschehens.
Blick in die Vergangenheit
Die Stimmung auf der vierstündigen Busfahrt ist ausgelassen - niemand scheint an das zu denken, was sie erwartet. Doch das ändert sich bei der Ankunft. In zwei Gruppen eingeteilt, machen die Schüler und Lehrer eine Führung durch die Gedenkstätte und werfen einen Blick in die Vergangenheit.
Die SS rodete im Juli 1937 auf dem Ettersberg bei Weimar den Wald und errichtete ein neues KZ. Politische Gegner sollten bekämpft werden. Schon bald stand Buchenwald als Synonym für das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Nach Beginn des Krieges wurden Menschen aus ganz Europa nach Buchenwald verschleppt. Über 250.000 Menschen wurden im KZ und seinen 136 Außenlagern inhaftiert - sie wurden zur Arbeit für die deutsche Rüstungsindustrie gezwungen.
Bei Kriegsende war Buchenwald das größte KZ im Deutschen Reich. Über 56.000 Menschen starben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. Das „Kleine Lager“ wurde zur Hölle von Buchenwald. Noch kurz vor der Befreiung starben Tausende der Häftlinge. Nirgends werden die dunkelsten Seiten deutscher Geschichte so sichtbar wie in Buchenwald.
„Schwarz auf Weiß"- Ausstellung
Jährlich laufen eine halbe Million Besucher durch die Lagertür mit der Inschrift „Jedem das Seine“. Die Bedeutung wird den Schülern ausführlich erklärt und langsam begreifen die jungen Menschen, was sich an diesem Ort abgespielt hat. Als es schließlich ins Krematorium geht, sieht man an den Gesichtern der Schüler, wie real die Geschichte des Films „Nackt unter Wölfen“ doch ist. Einigen Mädels treten die Tränen in die Augen, und auch die Jungs haben zu kämpfen.
Zum Abschluss hatten die Schüler freie Zeit zur Verfügung. Der Großteil schaute sich freiwillig die „Schwarz auf Weiß“-Ausstellung an. Zahlreiche Fotografien ermöglichen ein schärferes, zuverlässigeres Bild des KZ Buchenwald. Für die Jugendlichen war es eine besondere und vor allem wichtige Erfahrung. Der Nationalsozialismus ist nicht „nur“ Geschichte - ein Thema, was lange her ist. Allen wird klar: Auch uns geht es etwas an.
Für Klassenlehrerin Heike Bozsik-Ose war es wichtig, dass die Kinder verstehen, was zur der Zeit geschehen ist. Ganz nach dem Motto „Lernen aus Geschichte“: „Ich wusste, dass die Klassen früher immer einen Tagesausflug ins KZ gemacht haben.“ Schulleiter Joachim Winkelmann brachte sie in Kontakt mit Jochen Sauermann. Dieser hat bereits vor 15 Jahren mit ihnen gemeinsam mehrere Besuche in Buchenwald organisiert.
Ihm war es ein persönliches Anliegen, auch diesen jungen Leuten zu helfen. So organisierte der „Verein zur Unterstützung für Familien, Senioren und Kinder“ die Fahrt mit und unterstützte die Führung in Buchenwald finanziell.
Mehr als 40 Schüler der Konrad-Adenauer-Hauptschule Wenden machten einen Tagesausflug
ins KZ Buchenwald und nach Weimar. Fotos: Jacqueline Sondermann
Daniela Künkler (15)
„Ich bin zum zweiten Mal in Buchenwald gewesen und ich fand das richtig
schlimm dort. Wir haben uns in der Schule zwar vorbereitet und da es mich
auch interessiert, wusste ich, was da passiert ist. Als ich im Krematorium war,
hatte ich ein bedrückendes Gefühl. Wenn man sich überlegt, was dort alles
passiert ist, dann denkt man sich nur: Gott sei Dank musste ich das nicht
erleben. Ich würde gerne nochmal dahin, weil es einfach interessant ist.
Ich denke, dass man einfach mal da gewesen sein muss, um zu begreifen,
wie schlimm so was ist und damit das nie wieder passiert."
Nico Schwank (17):
„Also ich muss sagen, es war schon genau so, wie ich mir das gedacht habe.
Es ist ja klar, dass es schlimm wird und es hat einem klar gemacht, dass es
hier nicht menschlich zuging. Die Häftlinge hatten kein Leben mehr. Ehrlich
gesagt: Es ist ein komisches Gefühl da zu sein, wo so viele Menschen getötet
wurden. Ein Gefühl, das man nicht beschreiben kann. Ich würde sagen ein
Gefühl aus Trauer und Schock. Ich bin aber froh, dass ich das einmal erleben
durfte. Die Klasse bedankt sich bei den Sponsoren für diese Erfahrung, die wir
machen konnten."
Sabrina Hogenfeld (15):
„Es war ein schöner Besuch. Ich finde, man konnte sehr viele bewegende
Eindrücke sammeln. Wir haben vorher ausführlich das Thema „Zweiter
Weltkrieg" durchgenommen. Dadurch waren wir sehr gut vorbereitet. Ich
fand es sehr gut, dass wir am Anfang einen Film gesehen haben und uns
das Lager nochmal in einem Modell gezeigt wurde. So konnte man sich
alles viel besser vorstellen und leichter verstehen. Ich fand es sehr schade,
dass nicht alles erhalten werden konnte. Es war gut, dass wir hinterher
noch in der Ausstellung waren. Ich fand die Bilder sehr bewegend."
Marie Arns (15):
„Ich habe mir alles anders vorgestellt. Ich dachte, dass dort mehr Gebäude stehen.
Ich fand es gut, dass sie uns einen Film gezeigt haben, da konnten Leute ihre
Meinung sagen, die es selber erlebt haben. Ich fand das, was wir gesehen haben
schlimm. Mir kamen öfters die Tränen. Uns wurden die Räume gezeigt, wo die
Flüchtlinge aufgeschnitten wurden. Wir sahen die Stelle, wo die Leichen verbrannt
wurden. An einem Modell wurde uns gezeigt, wo die Gebäude standen und woher
die Gefangenen getrieben wurden. In der Schule wurden wir auf das Thema gut
vorbereitet."
Franziska Ebeling
(16):
Diese Besichtigung hat mir richtig gezeigt, wie das dort alles war. Als ich dort hinkam,
hatte ich ein komisches Gefühl im Bauch. Als uns erzählt wurde, wie die Menschen
dort gestorben sind und wie sie gelebt haben, habe ich mich in ihre Lage hineinversetzen
können. Ich habe daran gedacht, wie sie sich gefühlt haben können. Mir sind die
Tränen gekommen. Es war viel schlimmer als gedacht. Wenn man weiß: Da, wo du
stehst, sind schon Menschen gestorben. Wie kann man nur so grausam sein? Ich
habe jetzt ein ganz neues Bild von der Kriegszeit."
Text und Fotos: Sauerlandkurier, 21.06.2015